Hintergrund-informationen zur Hippopädagogik
Was ist Hippopädagogik?
Die Hippopädagogik ist in dem Gesamtkanon des Therapeutischen Reitens und in spielerischen Ansätzen des Kinder- und Jugendreitsports einzuordnen. Hippopädagogik ist ein auf der Psychomotorik beruhender ganzheitlicher Ansatz zur Persönlich keitsentwicklung mithilfe des Pferdes, der 1998 entstanden ist. Psychomotorische Ziele sind u.a. der Abbau von Ängsten, Förderung der Selbsteinschätzung und des Selbstvertrauens, Entwicklung von Rücksichtnahme und Selbstverwirklichung, Förderung von Konzentration und Koordination. Die drei Hauptaspekte der Hippopädagogik sind Bewegung, Wahrnehmung und das Pferd. Bewegung entsteht bereits durch den Umgang mit dem Pferd. Auf dem Pferderücken erfährt der Mensch eine dreidimensionale Bewegung. Während in der Krankengymnastik der Einsatz des Pferdes therapeutisch auf den Bewegungsapparat des Menschen einwirkt, widmet sich die Hippopädagogik der emotionalen Entwicklung des Menschen. Die dreidimensionale Bewegung lockert den Menschen auch emotional. 6 Die Hippopädagogik verlangt kein Idealbild der Bewegung. Vielmehr ermöglicht sie eine eigene experimentelle Erfahrung und die intuitive Suche nach eigenen Bewegungsausführungen. Deshalb findet keine Bewegungskorrektur statt. Wahrnehmung wird durch den Umgang mit dem Pferd in nahezu idealer Weise gefördert. Der nonverbale Dialog zwischen Mensch und Pferd verlangt nach Wahrnehmung des anderen. Außerdem bietet das Pferd durch Körperwärme, Fell und Geräusche wie Schnauben, Hufgeklapper, Wiehern eine Vielzahl von Reizen. Deren Aufnahme und Verarbeitung wird durch die Bewegung des Pferdes gefördert. Das Pferd bietet somit ein Bewegungsangebot, welches durch kein technisches Gerät ersetzt werden kann. Die Reize sind ganz natürlich und passen so in jedes Menschenbild. Zudem kann sich der Mensch vom Pferd tragen und gleichzeitig bewegen lassen. Auch der hohe Aufforderungscharakter, den alleine der Anblick eines Pferdes hat, ist durch kein Spielzeug oder Sportgerät zu ersetzen.
Sozialrechtlicher Hintergrund
Die Hippopädagogik findet ihre rechtlichen Grundlagen in den Vorschriften zur Kinder- und Jugendhilfe (§§ 27, 29, 35, 35a, 41 SGB VIII). Entsprechend leistet das Jugendamt Zuschüsse. Hierfür können anhand psychomotorischer Richtlinien Gutachten erstellt werden.
Hippopädagogik ist ein Ansatz im therapeutischen Reiten. Das Reiten ist nicht Voraussetzung der Förderung, schon der Umgang mit dem Pferd, oder die Wahrnehmung des Spielpartners Pferd bietet viele Fördermöglichkeiten. Nicht jeder Mensch traut sich von Anfang an auf den Pferderücken. Das Herantreten an ein Pferd selbst kann bereits einen großen Entwicklungsschritt für die Einzelperson bedeuten.
positive Erfahrungen
Zielgruppen
Entwicklung einer umfassenden Handlungskompetenz
Aufgrund ihrer Vielseitigkeit eignet sich die Hippopädagogik zur Therapie unterschiedlichster Krankheits-Bilder oder Wahrnehmungs- und Verhaltensoriginalitäten
Elemente der Psychomotorik sind Bewegung und Wahrnehmung. Sie bezieht sich vor allem auch auf Wahrnehmungsschulung. Das Pferd bietet ideale Situationen, den Menschen Erfahrungen über den Tastsinn (taktile System), über Gleichgewicht, Schwerkraft, Bewegung (vestibuläres System) sowie über die Muskeln und Gelenke (propriozeptives System) zu ermöglichen. Diese drei Systeme bilden eine sensomotorische Einheit, die für die gesamte Entwicklung von wesentlicher Bedeutung ist.
Wahrnehmungsschulung
Gleichgewicht
Sitzt ein Mensch auf dem Pferd, hat er eine große Gleichgewichtsübung zu bewältigen. Die Hippopädagogik beinhaltet viele spielerische Elemente zur Förderung des Gleichgewichtsgefühls.
Selbsterfahrung
Viele Kinder und Jugendlichen werden überall hin mit dem Auto gebracht und Erwachsene fahren selbst mit dem Auto. Sie nehmen weder den Luftstrom war, der dabei erzeugt wird, noch können sie ein Bewusstsein darüber erlangen, wie viele Kilometer dabei an ihnen vorbeiziehen. Auf dem Pferd ist beides möglich. Das Pferd bewegt sich. Seine Fortbewegung kann strukturell der eines Autos gleichgesetzt werden. Der Mensch braucht nicht unbedingt Kraft hierfür. Aber es nimmt jeden Schritt war, spürt den Luftstrom auf der Haut und kann so die gesamte Fortbewegung selbst verarbeiten. Hinzu kommt, dass es die Bewegungsrichtung selbstbestimmt. Die Bedeutung dieser Erfahrung für alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen lautet: Sie sind selbst die Akteure ihres Lebens!
Entwicklungsförderung
Verhaltensmustererweiterung
In der Psychomotorik wird davon ausgegangen, dass sich jede Person die für sich notwendigen Erfahrungen selbst aussucht. Auf diese Weise können Erfah-rungen gemacht werden, die dabei helfen, Fortschritte in der Entwicklung zu erlangen, dies gilt für alle Menschen.
Mögliche im Hintergrund der Einheiten stehende Diagnosen sind: FASD, Autismusspektrumsstörung und allgemeine Entwicklungsverzögerung
Verhaltensoriginalitäten durch die Diagnosen wie ADS und ADHS, Aggressivität, geringes Selbstbewusstsein, Mutismus und andere gestellt werden, werden durch viele verschiedene Faktoren ausgelöst. Das Pferd einerseits eine Respektsperson dar, geht andererseits unvoreingenommen auf jeden Menschen zu. Dies ermöglicht es, im Umgang mit dem Pferd mit neuen Verhaltensweisen zu experimentieren und diese einzuüben. Der hohe Aufforderungs-charakter, der sich aus dem Umgang mit Pferden ergibt, erreicht auch „therapiemüde“ Menschen. Ein Aspekt, der gerade bei verhaltensoriginellen Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung sein kann.